Broschüre: Tag gegen transfeindliche Gewalt!

In letzter Zeit sehen wir eine immer schneller voranschreitende Rechtsentwicklung. Die Regierung macht die Grenzen dicht und der Faschismus erlangt an immer mehr Unterstützung. Neben Migrant:innen, Linken und Frauen fallen unter anderem auch transgeschlechtliche Menschen ins Feindbild der Faschist:innen. Immer mehr transfeindliche Angriffe finden statt. Im selben Augenblick beschließt die Regierung irgendwelche heuchlerischen Gesetze, wie das Selbstbestimmungsgesetz. In dieser Broschüre wollen wir uns daher mit der Unterdrückung von transgeschlechtlichen Personen im Generellen, wie das Ganze mit der aktuellen Militarisierung zusammenhängt und wie wir dagegen ankämpfen müssen, auseinandersetzen. Zusätzlich findet ihr in dieser Broschüre noch einige Erfahrungsberichte, die zeigen sollen, wie konkret die Unterdrückung von und Gewalt gegen transgeschlechtliche Personen aussieht. Dabei wollen wir den Fokus vor allem auf den schulischen Kontext legen. Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen dieser Broschüre und hoffen, dass ihr viel Mitnehmen könnt.

Unterdrückung transgeschlechtlicher Personen

Wir leben in einer patriarchalen Gesellschaft. Auch wenn der deutsche Staat das nicht gerne zu gibt: In Deutschland herrscht das Patriarchat.Das bedeutet, wir leben in einem System in dem alle Menschen in zwei Rollen gepresst werden: Frau und Mann. . Genau in diese Rollen passen transgeschlechtliche Personen aber nicht rein: sie nehmen nicht die ihnen seit der Geburt antrainierte Rolle an, die für dieses System so wichtig sind. Es braucht Unterdrückte, die gezwungen werden die Hausarbeit zu erledigen und Unterdrücker, die genau das sicherstellen. Auch wenn in einigen Ländern wie Deutschland kein Frauenbild aus den 20er Jahren mehr vorherrschend ist, bleibt gesamtgesellschaftlich gesehen trotzdem die „typische“ Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen in den Köpfen vieler Menschen stecken. Der Mann sei dazu da, die Familie zu ernähren und zu beschützen. Die Frau soll die Kinder erziehen, Verwandte pflegen und den Haushalt schmeißen transgeschlechtliche Personen, die diese Rollen nicht ausfüllen können, finden keinen Platz in der Gesellschaft und werden unterdrückt.

Zwei Drittel von transgeschlechtlichen Personen berichten, dass sie schon mal Gewalt erfahren haben. Dazu existiert auch eine sehr hohe Dunkelziffer, denn viele Fälle werden nicht registriert, weil sich viel Betroffene nicht trauen und Angst haben das überhaupt Preis zu geben. In jedem Lebensbereich, egal ob bei der Familie oder Freund:innen, beim Job oder auch in der Schule, überall erleben transgeschlechtliche Personen Ausgrenzung und Gewalt. Von allen Seiten wird ihnen eingeredet, dass sie krank seien und ihre Geschlechtsidentität wird nicht anerkannt. Wegen diesem konstanten Druck ist auch die Rate an psychisch kranken transgeschlechtlichen Jugendlichen besonders hoch und eine hohe Suizidrate ist davon die Folge. Auch wenn sich rechtlich in den letzten Jahrzehnten scheinbar manches getan hat,kann kein Gesetz in diesem System die Unterdrückung einfach abschaffen. Das so genannte „Selbstbestimmungsgesetz“ hat auch die Klausel drin, dass alle Personen, die ihren Geschlechtseintrag ändern, direkt beim Verfassungsschutz und anderen Repressionsbehörden gemeldet werden. Im Kriegsfall wird der „neue Eintrag“ unwirksam. Das Patriarchat ist das Problem – nur durch seine Überwindung kann die Unterdrückung abgeschafft werden.

„Entscheid dich doch einfach“

So oder so ähnliche Dinge bekommen nicht-binäre Personen regelmäßig zu hören. Auch von meinen Eltern und in der Schule stoße ich oft auf Unverständnis für mein Geschlecht. Und auch wenn sich einige Lehrer mühe geben es so darzustellen, als würden sie mich unterstützen, sieht die Realität anders aus.

Nach meinem Outing wurde mir z.B. zu Beginn von meiner Klassenlehrerin zugesichert, dass ich Unterstützung erhalten werde. Sie meinte dass sie sich mit den anderen Lehrer:innen verständigen würde, damit alles Organisatorische geklärt wird. Nach diesen Zusicherungen, die ja zuerst ganz nett klingen, kam aber nur sehr wenig. Über eine Woche lang wurde ich von Lehrer:innen noch falsch angesprochen und musste sie selbst darauf hinweisen. Und auch jetzt, ca. ein halbes Jahr später wurde mein Name in den Listen nicht geändert. Wenn ich die Lehrer:innen dann daran erinner, kommt nur ein genervtes „ach ja“.

Aber die Schule ist nicht der einzige Ort an dem rückschrittliches Verhalten und Denken reproduziert wird. So muss ich mir z.B. von meinen Eltern anhören, dass mein Geschlecht gar nicht existiere und das alles nur Einbildung sei.

Solche Erfahrungen sind vergleichsweise eher mild. Es gibt aber auch Formen dieser Unterdrückung die bis hin zu gewaltvollen Auseinandersetzungen gehen. Das so in der Schule mit transgeschlechtlichen Personen umgegangen wird ist ganz klar. Denn in der Schule wird neben kapitalistischen Denk- und Verhaltensweisen auch das Patriarchat gefestigt. Aus diesem Grund werden beispielsweise Trans geschlechtliche Personen wenig bis gar nicht im Unterricht thematisiert. Zusätzlich erfahren betroffene auch keine wirkliche Unterstützung. Das alles dient dazu um uns zu entmutigen, um uns klein zu halten und uns gewaltvoll in dieses System zu pressen.

– Kim

Transgeschlechtlich sein, heißt nicht selten, Gewalt zu erleben.

Dass ich Transgeschlechtlich bin, wurde mir zum ersten Mal in der Grundschule richtig klar. Ich wusste schon immer irgendwie, dass ich nicht in traditionelle Geschlechterrollen passe. Als Kind habe ich mir allerdings nie so wirklich Gedanken darüber gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war das den meisten Menschen um mich herum zum Glück auch noch ziemlich egal.

Zu Hause war das leider nicht so. Zum Beispiel wollte ich damals unbedingt Fußball spielen, was zur Folge hatte, dass ich mehrere Jahre zum Ballettunterricht musste. „Du bist ein Mädchen, Mädchen machen sowas nicht“. Diese Worte hab ich oft gehört und sie prägten meine Kindheit. Doch irgendwie hatte ich schon damals das Gefühl, dass ich einfach kein Mädchen bin. Nicht nur, weil ich lieber Justus heißen, Fußball spielen und kurze Haare haben wollte, sondern, weil sich das einfach nie richtig angefühlt hat.

Mit der Zeit wurden die Dinge komplizierter. Ich stieß immer öfter auf transfeindliches Verhalten bis hin zur Gewalt. Auf einmal war ich nicht mehr das kleine Kind, dass sich gerne als Junge verkleidete. Die Lehrer fingen an absichtlichen meinen alten Namen zu benutzen . Andauernd wurde ich gefragt, ob ich mir auch wirklich sicher sei und ob das Ganze nicht doch nur eine Phase wäre.

Es gab auch noch krassere Erfahrungen mit Gewalt. Nach meinem ersten CSD hatte ich vergessen, einen Regenbogen-Pin von meinem Rucksack zu entfernen. Auf dem Weg nach Hause wurde ich von fünf Jugendlichen umstellt, die den Pin gesehen hatten. Sie schubsten mich hin und her, und als ich auf dem Boden lag, wurde ich zusammengetreten, sodass ich im Krankenhaus landete.

Solche Erfahrungen sind für transgeschlechtliche Personen üblich.

Militarisierung und Rechtsruck: Die Konsequenzen für transgeschlechtliche Personen

In Deutschland sehen wir seit Längerem, dass der aktuelle gesellschaftliche Rechtsruck und die Militarisierung zentrale politische Themen heute sind. Das geht an transgeschlechtlichen Personen nicht einfach spurlos vorbei: Wir müssen miterleben, wie Rechte immer mutiger gegen transgeschlechtliche Personen auftreten – „Es gibt nur zwei“ Geschlechter als Front-Transparent bei Störaktionen auf CSDs. Gleichzeitig schafft die Bundesregierung nur scheinbare Verbesserungen wie das Selbstbestimmungsgesetz statt mehr medizinische Versorgung.

Die Rolle der Militarisierung

Militarisierung bedeutet, dass eine gesamte Gesellschaft auf Krieg eingestimmt und vorbereitet wird. Traditionelle Geschlechterrollen bewegen sich nur in den Kategorien Mann und Frau. Ein Teil der Militarisierung ist es, dass diese Rollen bewusst bespielt werden. Denn im Kriegsfall braucht es 1.mehr Soldat:innen und 2. klar verteilte Aufgaben in der Gesellschaft. Die Frauen sollen typischerweise Soldat:innen gebären und an der „Heimatfront“ arbeiten. Das Bild, dass „die Heimat, Frau und Kinder“ verteidigt werden müssen, wird ganz direkt geschaffen

Die sich fortschrittlich gebende Bundeswehr schafft dazu heute aber auch das Bild von „starken deutschen Frauen“, die mit der Waffe in der Hand in der Bundeswehr sterben dürfen. Transgeschlechtliche Personen fallen aber aus dieser Kriegspropaganda raus – zum Beispiel können sie als Frauen keine Kinder zeugen.

Trotzdem versucht die Bundeswehr immer wieder den Schein aufrecht zu erhalten, sie sei äußerst progressiv, fortschrittlich und tolerant. Sie wirbt mit ihrer vermeintlichen „Diversität“, um eben auch LGBTI+ Personen vom Dienst an der Waffe zu überzeugen. Doch man braucht nicht lange schauen und stößt schnell auf Erfahrungsberichte von Soldat:innen, die das homo- und transfeindliche Verhalten und Kultur innerhalb der Bundeswehr aufdecken.

Anstieg rechter Ideologien

Der politische Rechtsruck in Deutschland übt weiteren Druck auf transgeschlechtliche Personen aus, sich traditionellen Geschlechterrollen anzupassen und ihr Geschlecht zu verstecken. Im Zusammenhang mit dem Anstieg faschistischer Ideologien und Strukturen steigen auch die direkten Übergriffe auf transgeschlechtliche Personen. Rechte Gruppen attackieren gezielt Veranstaltungen wie bei CSDs in Leipzig, Bautzen und Magdeburg. Diese Übergriffe zeigen deutlich, welcher Gefahr transgeschlechtliche Personen in unserer Gesellschaft ausgesetzt sind.

Trotz der transfeindlichen Gewalt sind keine ausreichenden Schutzmaßnahmen für die Sicherheit von transgeschlechtlichen Personen getroffen worden. Ganz im Gegenteil: Die jährlichen Angriffe der Polizei auf Stonewall-Demonstrationen legen die staatliche Reaktion offen.

„Du solltest dich glücklich schätzen, dass dich dein Umfeld einfach so akzeptiert!“

„Du solltest dich glücklich schätzen, dass dich dein Umfeld einfach so akzeptiert“ – dieser Satz wurde von einer Lehrerin zu mir gesagt, im Unterricht, vor der ganzen Klasse. Das Thema der Stunde war das neue „Selbstbestimmungsgesetz“. Statt über die Neuerungen durch das Gesetz zu sprechen, hat die Lehrerin aber angefangen, über mich und mein Lebens als transgeschlechtliche Person zu sprechen. Sie hat einen langen Monolog darüber gehalten, wie gut ich es doch hätte. In der Schule würde mich ja niemand beleidigen und die Schule würde mich unterstützen., . Dass ich fast jeden Tag transfeindlich von Mitschüler:innen beleidigt wurde, wird dabei ignoriert..

Sie hat dann über den Umgang mit transgeschlechtlichen Personen gesprochen. Sie hat mich dabei immer wieder als Beispielgenommen. Sie meinte sie würde mich ja mit meinem bevorzugten Namen ansprechen, auch wenn sie wüsste, dass ich ein Mädchen wäre, das ein Junge sein möchte. Sie hat mehrmals meinen alten Namen gesagt. Sie meinte, das sei ja mein „richtiger“ Name.

Da hat es aber nicht aufgehört: Am nächsten Tag ging ich zu meinem Klassenlehrer, um mich zu beschweren. Err sagte mir, ich solle mich nicht so anstellen, weil die Lehrerin es sicher nicht böse gemeint hatte.

Immer wieder wird uns transgeschlechtlichen Personen gesagt, dass unsere Erfahrungen nicht so schlimm sind, weil es ja nicht böse gemeint war. Aber es ist egal, wie es gemeint ist. In dieser Unterrichtsstunde hat sich gezeigt, wie meine Lehrerin tatsächlich über mich und alle anderen transgeschlechtlichen Personen denkt . Auch wenn keine böse Absicht dahintersteckt, ist es nicht in Ordnung, aktiv falsche Informationen über transgeschlechtliche Personen zu verbreiten. Obwohl Lehrer:innen ständig mit transgeschlechtlichen Jugendlichen in Kontakt kommen, wird das Thema in ihrer Ausbildung gar nicht oder nur minimal behandelt.

Hier zeigt sich wieder einmal das Versagen des Schulsystems, wieder einmal wird überhaupt nicht auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Schüler:innen eingegangen. Und genau hier müssen wir beginnen: Genau in solchen Momenten müssen die Schüler:innen zusammenstehen, sich gemeinsam wehren und niemanden in solchen Momenten allein lassen.

Transgeschlechtlich sein an einer „Schule mit Courage“

Mein Name ist Robin. Ich gehe in die zwölfte Klasse eines Gymnasiums in Brandenburg und bin seit mehr als drei Jahren überall als transgeschlechtlich geoutet. Insbesondere vor meinem Outing in der Schule hatte ich damals große Angst. Viele Erfahrungen aus den letzten drei Jahren bestätigen mir heute noch, warum diese Angst mehr als gerechtfertigt war. Zuerst einmal stellte sich nach meinem Outing die Frage nach der Toilette, die ich fortan benutzen kann. Gesagt wurde mir hierzu, ich könnte ja die Behindertentoilette benutzen, von der es genau eine im gesamten Schulgebäude gibt. Im Bezug auf eine Sportumkleide wurde mir gutmütig eine Abstellkammer des Hausmeisters angeboten.

Diese Erfahrungen sind kein Einzelfall sondern sehr geläufig. Immer wieder müssen Notlösungen für transgeschlechtliche Jugendliche in Schulen herhalten, denn eigentlich gibt es für uns keinen Platz in diesem System.

Das wollten mir auch Mitschüler:innen durch Anfeindungen auf dem Gang schon oft klar machen. Böse Blicke, angerempelt werden oder „Ihh“ entgegen gerufen zu bekommen war eine Zeit lang normal. Darüber hinaus kommt es noch heute vor, dass Lehrkräfte mich nicht mit meinem richtigen Namen ansprechen und auch auf sämtlichen Schullisten wird mein Namenseintrag nicht geändert, obwohl ich mehrfach darum gebeten habe und meine Schule das einfach machen könnte.

Trotz diesen und vielen anderen Erfahrungen bestehe ich immer wieder darauf, richtig angesprochen zu werden und sage was dagegen, wenn Mitschüler:innen mich anfeinden.

Den Kampf gegen transfeindliche Gewalt schaffen wir nur zusammen!

Wir können es also sehen: Unterdrückung von transgeschlechtlichen Jugendlichen ist alltäglich. In allen Bereichen des Lebens gibt es Hindernisse, Gewalt und Schikane. Die Unterdrückung von transgeschlechtlichen Personen ist eben ein gesellschaftliches Problem und genau so müssen wir es bekämpfen!

Und wir kämpfen, indem wir uns zusammenschließen. Wir müssen Schulter an Schulter gegen die Auswüchse des Patriarchats und des Kapitalismus kämpfen. Alleine und vereinzelt können wir auch gar nicht ein ganzes System herausfordern. Und das müssen wir: ein ganzes System herausfordern, mit allem was dazu gehört – von dem falschen Namen in der Schule bis zur Ausbeutung in den Betrieben und im Haushalt. Dass der deutsche Staat dabei nicht auf unserer Seite steht, können wir an der Heuchelei des „Selbstbestimmungsgesetzes“ sehen oder den Angriffen auf die CSDs. Diese hat er einfach passieren lassen und probiert gleichzeitig uns zu verkaufen, dass unsere Befreiung in einem guten Job, dem Schaffen von „safe spaces“ oder dem Abtrennen vom Rest unserer Klasse funktioniert. Unsere Klasse, also die Arbeiter:innen und proletarische Jugendliche in den Betrieben, zuhause, in den Schulen und Unis: mit ihr müssen wir kämpfen! Denn auch sie leiden unter der Unterdrückung und Ausbeutung durch dieses System.

Gerade die Arbeiterinnen haben im Kampf gegen das Patriarchat für uns aber eine besondere Bedeutung. Denn sie werden nicht nur im Betrieb, sondern auch in der Reproduktionsarbeit nochmal ausgebeutet. Dadurch haben sie die Möglichkeit, das Patriarchat tatsächlich zu überwinden.

Nur zusammen sind wir stark! Organisiert euch gegen die Unterdrückung von transgeschlechtlichen Personen! Organisiert euch gemeinsam im Kampf gegen das Patriarchat, den Kapitalismus und das ganze System!

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