Patriarchat – was ist das?
Das Patriarchat ist der älteste existierende Unterdrückungsmechanismus der Welt. Es beschreibt in erster Linie die Unterdrückung der Frau gegenüber dem Mann aufgrund ihres Geschlechts. In einer patriarchalen Gesellschaft nehmen Männer eine unterdrückende Position ein – ganz unabhängig davon, ob sie das wollen, oder nicht. Die Auswirkungen des Patriarchats sind allgegenwärtig und für dessen Zerschlagung ist es nicht ausreichend eine Gleichstellung auf dem Papier anzustreben – denn die Unterdrückung der Frau ist weitaus tiefergehend. Die Arbeiterin im Kapitalismus muss – wie alle Arbeiter – ihre Arbeitskraft verkaufen, um Lohn zu bekommen. Zusätzlich hierzu wird der Frau die reproduktive Arbeit auferlegt. Das heißt sie kümmert sich um den Haushalt, kocht, versorgt die Kinder – kurz gesagt: sie sorgt dafür, dass die Arbeitskraft der Arbeiter am nächsten Tag erneut verkauft werden kann. Die reproduktive Arbeit führt die Frau unbezahlt aus. Somit steht es im Interesse der Kapitalist:innen, diese unbezahlte Arbeit nicht gesellschaftlich zu organisieren.
 
Die Bedeutung der bürgerlichen Kleinfamilie und Unterdrückung von LGBTI+
Diese angesprochene unbezahlten Reproduktionsarbeit ist im Kapitalismus wie wir ihn heute erleben stark an die bürgerliche Kleinfamilie gebunden. Diese klassische Familienkonstellation – traditionell aus Vater, Mutter und Kind(er) – ist daher ganz direkt Ort der Aufrechterhaltung des Patriarchats. Entsprechend werden alle Abweichungen von dieser Norm im Kapitalismus aufs schärfste bekämpft. Alle Geschlechter, die sich z.B. nicht klar dem binären System zuordnen lassen, sowie nicht-heterosexuelle Personen, erfahren aufgrund dieser Tatsache immer wieder Unterdrückung. Wir sehen, dass der Kampf um die Befreiung der Frau eng mit dem Kampf um die Befreiung der LGBTI+ Personen verbunden ist. Denn auch die ökonomische Basis ihrer Unterdrückung liegt im Kapitalismus begründet.  
Alle Errungenschaften, die wir heute beobachten können gehen auf Zugeständnisse zurück, die sich die Arbeiter:innenklasse erkämpfen musste.
 
Wie wirkt sich das Patriachat im Alltag aus? 
Nicht nur in der privaten Arbeit sehen wir das Patriarchat deutlich, sondern auch in der Lohnarbeit. Die sogenannte „GenderPay Gap“ beschreibt den Lohnunterschied zwischen Mann und Frau. Bei exakt gleicher Tätigkeit liegt dieser Unterschied bei 6% zugunsten des Mannes. Im Allgemeinen verdienen Frauen rund 21% weniger als Männer. Die Differenz zwischen der bereinigten Gender Pay Gap (bei 6%) und der unbereinigten (bei 21%) lässt sich dadurch erklären, dass Frauen deutlich öfter in Teilzeitberufen, befristeten Beschäftigungen ect. angestellt sind. Durch die schlechte Bezahlung stehen Frauen oft bis ins Alter in einer finanziellen Abhängigkeit zum Mann. Hinter Unterdrückungsverhältnissen, wie das Patriarchat eins ist, stehen eine Vielzahl an Methoden der Aufrechterhaltung von eben diesem. Hierzu zählt unter anderem die (sexualisierte) Gewalt, die Frauen täglich in verschiedenster Art erleben. Ob handgreifliche Auseinandersetzungen mit dem Partner, das Hinterherpfeifen auf der Straße, psychische Gewalt in Beziehungen, massive Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht der Frau durch weiterhin nicht legalisierte Schwangerschaftsabbrüche, bis hin zu Femiziden (Die Tötung weiblicher Personen aufgrund ihres Geschlechts) – sie alle dienen der Machtausübung gegenüber der Frau. Es ist allerdings ein Trugschluss zu glauben die Lösung finde sich in der Schaffung von „Safe Spaces“, in denen das Patriarchat kurzzeitig aufgehoben sei. Denn das Patriarchat existiert überall und kann nur im Zuge der Überwindung des Kapitalismus – und somit der Zerschlagung der ökonomischen Basis – und einer bereits heute beginnenden Frauenrevolution überwunden werden. 
 
Die Entstehung des Patriarchats
Um zu verstehen, wie wir das Patriarchat besiegen können, ist es notwendig einen Blick auf seine Entstehungsgeschichte zu werfen. Unsere Genossinnen vom Frauenkollektiv haben genau dieser Thematik deshalb ein eigenständiges Positionspapier gewidmet, auf das ihr hier zugreifen könnt.
Um das wichtigste in aller Kürze zu nennen:  In der Urgesellschaft, dem ältesten und längsten Abschnitt der menschlichen Geschichte, lebten die Menschen zu Beginn in Herden und zogen umher. Archäologische Funde und Untersuchungen an Muskel- und Knochenstrukturen bestätigen, dass sich alle unabhängig vom Geschlecht gleichermaßen um das Überleben kümmerten und ähnliche Tätigkeiten ausführten. Über einen langen Zeitraum veränderte sich die Produktionsweise der Menschen. Mit der Entwicklung des Ackerbaus oder der Viehzucht wurde es möglich ein Mehrprodukt zu erzeugen – das bedeutet, es bestand die Möglichkeit, mehr zu produzieren, als tatsächlich zum bloßen Überleben benötigt wurde. Zum ersten Mal konnten Vorräte angelegt werden und über längere Zeiten gelagert werden. Daraus entstand wiederum ein neuer Wirtschaftszweig, die Hauswirtschaft – welche zum vorwiegenden Arbeitsgebiet der Frauen wurde, da es nun möglich war, dass Frauen mit Kindern nicht zur jagen gingen und z.B. die Aufgabe des Zähmens von Tieren übernahmen. Durch die Entstehung des Privateigentums und der Arbeitsteilung nach Geschlecht ging unweigerlich das Patriarchat hervor. Die Männer nahmen eine vorrangige Stellung in der Produktion ein, während die Frauen durch das Fesseln an die Hausarbeit zunehmend in die Unbedeutsamkeit für das direkte Überleben des Stammes gerieten. Die Erbschaftslinie entwickelte sich zum Mann – um dies sicherzustellen, wurden die Frauen in die Monogamie gezwungen. Das Patriarchat bildete sich nicht, wie häufig behauptet wird, aus der „biologischen Überlegenheit“ des Mannes heraus, sondern aufgrund von der Möglichkeit zur Anhäufung von Privateigentum und der einhergehenden Arbeitsteilung nach Geschlecht. 
 
Kämpfen wir für die Frauenrevolution!
Das Patriarchat besteht bis heute und wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus. Zur Überwindung der Unterdrückung der Geschlechter müssen wir die ökonomischen Grundlagen des Patriarchats – das heißt den Kapitalismus – zerschlagen. Doch hiermit ist der Kampf um die Befreiung der Geschlechter nicht abgeschlossen. Um das patriarchale Bewusstsein, welches sich über Jahrtausende entwickelt hat, zurückzudrängen braucht es beständige und bewusste Arbeit bis zur vollständigen Auflösung aller patriarchalen Erscheinungen in Bewusstsein und Handeln. Unsere Aufgabe besteht darin dem Patriarchat schon heute jeden Tag erneut den Kampf anzusagen – sowohl bei unseren eigenen Eigenschaften als auch nach außen – und für eine befreite Gesellschaft zu kämpfen.