Praktische internationale Solidarität: Streiks gegen Waffenlieferungen

Wie praktische internationale Solidarität aussehen kann zeigten in den letzten 2 Jahren auch zahlreiche Hafenarbeiter:innen. Im Zuge des Ukraine Kriegs und auch kürzlich mit dem Beginn des Kriegs in Gaza kam es vermehrt zu Streiks gegen Waffenlieferungen in Kriegsgebiete.

Hafenarbeiter:innen in Italien streiken und blockieren Häfen

In Genua (Italien) streikten im November 2023 Hafenarbeiter:innen gegen Waffenlieferungen an Israel. Dort beteiligten sich etwa 500 Arbeiter:innen an einer Aktion, zu welcher die Basisgewerkschaft „CALP“ aufgerufen hatte. Der Protest zielte darauf ab, Lieferungen für die kritische Infrastruktur Israels zu blockieren. Damit sollte die Rolle der Logistik im Krieg hervorgehoben werden, da diese den gesamten „Verkehr“ aufhalten könnte.

Zuvor hatte die selbstorganisierte Gewerkschaft bereits zu Streiks gegen Waffenlieferungen in andere Länder aufgerufen. Mitglieder blockierten in den Monaten und Jahren zuvor Schiffe, welche Lieferungen mit militärischer Ausrüstung beispielsweise an Saudi-Arabien – das seit Jahren Krieg im Jemen führt – schicken sollten. Wenn Blockaden nicht möglich sind, versuchen sie anderweitig zu helfen. Wenn Waffen in die Türkei verschickt werden machen sie Fotos der Waffen und geben den kurdischen Genoss:innen Bescheid, damit diese vorbereitet sind.

Streiks in weiteren europäischen Ländern

Des weiteren kam es auch in der spanischen Hauptstadt Barcelona und in Belgien zu Streiks. Die spanische Organisation „OEPB“ erklärte, dass man streike, um „jede Zivilbevölkerung zu schützen, unabhängig von ihrem Aufenthaltsort, weil es keine Rechtfertigung für das Opfern von Zivilist:innen“ gäbe.

Im April 2022 streikten in der griechischen Stadt Aleksandoupulis Arbeiter:innen der „TrainOSE“ gegen Lieferungen von Rüstungsgütern an osteuropäische Staaten. Sie weigerten sich, Züge zu warten und transportfähig zu machen. Zuvor hatten sie sich bereits gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen, was von der Bevölkerung durchaus positiv aufgenommen wurde. Dementsprechend gab es auch einen großen Rückhalt bei ihren Streiks. Sie setzten den Protest trotz Drohungen der Geschäftsführung fort und forderten, Griechenland solle sich nicht an Waffenlieferungen für den Krieg in der Ukraine beteiligen.

Zu weiteren Blockaden kam es 2022 auch in Belarus. Eisenbahnarbeiter:innen kappten eine Zugverbindung, welche russischen Nachschub in die Ukraine transportiert hätten – trotz großen Unruhen im eigenen Land und extremer Repression gegenüber politischen Gegner:innen der Regierung.

Selbstorganisation statt Stellvertretertum

Bei vielen dieser Ereignisse spielten selbstorganisierte Gewerkschaften oder anderweitig organisierte Arbeiter:innenverbände eine bedeutende Rolle. Denn die sozialdemokratischen Gewerkschaftsverbände nehmen keine antimilitaristische Haltung ein und stellen sich beispielsweise an die Seite Israels – so zum Beispiel der Deutsche Gewerkschaftsbund. In einem Brief erklären sie Israel sowie dem Dachverband der israelischen Gewerkschaften, dem zionistischen „Histadrut“, ihre Solidarität. Der Histadrut selbst existiert bereits seit 1920 und war maßgeblich an frühen Landvertreibungen von arabischen Kleinbäuer:innen beteiligt.

Bei solchen Aktionen zeigt der Imperialismus aber auch sein wahres Gesicht. Nicht nur Streikende, welche das imperialistische Weltsystem an einem seiner wichtigsten Glieder – dem Handel – treffen, haben vermehrt mit Repressionen zu rechnen. Auch antimilitaristischer Protest, der sich gegen die Staatslinie richtet, wird zunehmend kriminalisiert.

Der Hauptfeind steht im eigenen Land

Doch all diese Aktionen zeigen, wie wichtig der Zusammenhalt der Arbeiter:innenklasse nicht nur regional, sondern auf internationaler Ebene ist. Im Krieg sind es die Arbeiter:innen die an der Front kämpfen und für ihr „Vaterland“ sterben sollen. Es muss klar sein, dass die imperialistischen Kriege, die geführt werden, nicht im Interesse der Arbeiter:innenklasse sind.

Der damalige deutsche Bundespräsident Horst Köhler sagte während dem Bundeswehreinsatz in Afghanistan, dass „ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege“.

Es sind die Kapitalist:innen und ihre Unternehmen, die erst an Waffenexporten verdienen und danach riesige Profite im Wiederaufbau der zerstörten Regionen machen. Dazu zählen auch zahlreiche deutsche Unternehmen. Sowohl durch den Ukraine-Krieg, als auch durch den Krieg in Gaza schossen die Börsenwerte von Rheinmetall und anderen Rüstungsunternehmen durch die Decke.

Wenige Monate nach dem Einmarsch der Bundeswehr in Afghanistan reiste im Februar 2002 eine deutsche Delegation von Wirtschaftsvertreter:innen aus der Telekommunikations-, Energie-, Transport- und Baubranche nach Afghanistan. Das Wirtschaftsministerium sagte, „das Interesse deutscher Unternehmen, einen Beitrag zum Wiederaufbau Afghanistans nach 20 Jahren Krieg und Bürgerkrieg zu leisten“ sei außerordentlich hoch.

Während des Afghanistan-Kriegs war zudem der Diplomat Martin Jäger, der unter anderem auch Sprecher des damaligen Außenministers Frank-Walter Steinmeier und Chef-Lobbyist beim Autokonzern Daimler war, als deutscher Botschafter eingesetzt. Er war mitverantwortlich für die Durchsetzung der wirtschaftlichen Interessen Deutschlands. Ab Sommer 2023 wurde er dann als Botschafter in Kiew eingesetzt, um den Wiederaufbau der Ukraine mitzugestalten.

Der deutsche Staat führt Kriege also niemals mit dem Interesse, den Menschen ein besseres Leben zu ermöglichen, sondern um die eigenen wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen. Das bedeutet auch, dass sich unser Kampf gegen den eigenen Imperialismus richten muss. Wir sitzen nicht in einem Boot mit den deutschen Kapitalist:innen, sondern mit den Arbeiter:innen der anderen Länder. Der antimilitaristische Kampf spielt also eine wichtige Rolle in Zeiten, in denen sich Krisen und Kriege verschärfen. Und die Hafenarbeiter:innen in Italien, Spanien und Griechenland zeigen uns eindrücklich wie dieser Kampf in der Praxis aussehen kann.

Die ganze Broschüre findest du hier als PDF.