Am 25. Januar hat ein Schüler in einer Schule in St. Leon-Rot in der Nähe von Heidelberg eine 18-jährige Mitschülerin getötet. Die Polizei nahm den mutmaßlichen Täter kurze Zeit später fest und spricht von einer „Beziehungstat“. Bereits im November 2023 erstattete die Schülerin Strafanzeige gegen den Mitschüler wegen körperlicher Gewalt. Am gleichen Tag tötete zudem ein Familienvater seine Frau und Kinder in Montabaur in Rheinland-Pfalz.
„Beziehungstat“? – Nein, Femizid!
Im Jahr 2023 wurden in Deutschland mindestens 114 Frauen von ihrem (Ex-)Partner oder anderen Familienangehörigen getötet, wie @femizide_stoppen auf Instagram dokumentiert. Das Jahr 2024 ist noch nicht mal einen Monat alt, doch die Zahl der dokumentierten Femizide liegt bereits bei 11.
Wie in diesem Fall werden Femizide in der Öffentlichkeit meist jedoch nicht als solche benannt. Polizei und Medien sprechen dann von einer „Beziehungstat“ oder einem „Familiendrama“. Auch wenn die Beziehung natürlich eine Rolle spielt, warum die Tat verübt wird, verschweigt sie doch die grundlegende Ursache. Denn die 18-jährige Schülerin wurde getötet, weil sie eine Frau war.
Männer werden in der patriarchal-kapitalistischen Gesellschaft in eine Rolle sozialisiert, in der sie beigebracht bekommen, Frauen als ihr Eigentum zu sehen. Sie sollen über Frauen bestimmen und diese gleichzeitig in ihrer Rolle als Unterdrückte kleinhalten. Besonders innerhalb der Familie und Beziehungen wird diese Unterdrückung – oft auch mit Gewalt – aufrechterhalten.
Das passiert einerseits durch die Rollenverteilung, in der Frauen den Großteil der Hausarbeit übernehmen. Andererseits werden Frauen von ihrem Partner psychisch terrorisiert oder bekommen regelmäßig körperliche Gewalt zu spüren. All das sind keine Einzelfälle, sondern wurzeln in dem System, in dem wir aufwachsen und leben. Auch der Femizid an der Schule in St. Leon-Rot ist eine Folge dieser Unterdrückung.
Sind Schulen keine sicheren Orte?
Vor wenigen Monaten gab es in Offenburg erst einen Mord von einem Schüler an seinem Klassenkameraden. Oft werden nach solchen Gewalttaten Diskussionen um die Sicherheit an Schulen losgetreten. In Ländern wie den USA wurden Schulen dahingehend bereits hochgerüstet und es gibt kaum Schulen, die nicht von Polizist:innen bewacht werden. Verändert hat das jedoch nichts.
Das ist auch kein Wunder, denn unsere Gedanken dürfen sich nicht darauf beschränken, wie wir auf solche Taten im Nachhinein reagieren. Wir müssen überlegen, wie wir sie verhindern. Doch ohne über die Ursachen von Gewalt und besonders von Femiziden zu sprechen ist das nicht möglich.
Natürlich sind Schulen keine Räume, die frei von Patriarchat und Kapitalismus sind. Ganz im Gegenteil spielt die Schule neben der eigenen Familie eine wichtige Rolle, um Jugendliche in ihre gesellschaftliche Rolle zu erziehen. Patriarchale Verhaltensweisen werden dort nicht bekämpft und die patriarchale Arbeitsteilung wird in der Schulzeit vorbereitet.
Schulen können also keine sicheren Orte für Schülerinnen sein, solange nichts an den Ursachen der Probleme geändert wird.
Frauensolidarität ist unsere Waffe
Diese Veränderung kommt jedoch nicht von selbst – wir müssen sie uns erkämpfen!
Wenn wir uns als Schülerinnen organisieren, können wir uns wehren. Frauensolidarität bedeutet dabei auch, dass wir unsere Konkurrenzgefühle untereinander bekämpfen und erkennen, dass wir als Frauen gemeinsam gegen unsere Unterdrückung kämpfen müssen.
In der Schule stehen wir zusammen gegen sexistische Sprüche von Mitschülern, übergriffiges Verhalten von Lehrern und jede Form der patriarchalen Gewalt. Auch wenn uns von Autoritätspersonen in der Schule nicht geglaubt wird halten wir zusammen und kämpfen für unsere Interessen.