Erklärung der Internationalen Jugend zur vierten Welle
Es gibt wohl kaum ein Thema über das Jugendliche zur Zeit in Deutschland weniger gern reden als Corona. Nach inzwischen mehr als anderthalb Jahren Pandemie sind die meisten von uns von Debatten über Inzidenzen, Mutationen und so weiter nur noch angekotzt.
Angesichts der steigenden Inzidenzen, voller werdender Intensivstationen, neuer Virusvarianten, immer schärferen Einschränkungen und einem drohenden Lockdown, sehen wir uns weiterhin dazu verpflichtet, dass wir uns als antikapitalistische Jugendliche in den Debatten rund um Corona positionieren. Immerhin sitzen wir wieder in kalten Klassenzimmern, fürchten uns vor erneutem Onlineunterricht und müssen uns in unserer Freizeit immer weiter einschränken. Was uns ankotzt, ist die Politik der Herrschenden!
Ihre Strategie hat sich in der vierten Welle im Vergleich zur den drei vorherigen wenig verändert:Investitionen in sichere Bildung, etwa Luftfilter für Klassenzimmer oder mehr Lehrer:innen für kleine Schulklassen, gibt es nach wie vor in den wenigsten Orten. Ebenso wenig Investitionen in das Gesundheitssystem. Und auch Eingriffe in die kapitalistische Wirtschaft sind weiter ausgeschlossen.
Um es kurz zu sagen: Eine Überlastung des kaputt gesparten Gesundheitssystems soll mit massiven Eingriffen in unsere Freiheitsrechte verhindert werden.
Nun haben die Politiker:innen jedoch einen neuen Sündenbock gefunden, denen sie die Schuld an dem desaströsen Verlauf der Pandemie geben können: Menschen, die sich aus welchem Grund auch immer nicht gegen Corona haben impfen lassen. Dabei waren es die Politiker:innen, die die Pandemie während dem Wahlkampf ignoriert und die Lage sich in Ruhe zuspitzen haben lassen.
Für uns ist klar: Auf solche plumpen Versuche, unsere Wut weg von den eigentlich Verantwortlichen für unsere Lebenssituation weg zu lenken, fallen wir nicht herein. Impfen ist ein wirksamer Weg um sich gegen Corona zu schützen. Das heißt jedoch nicht, dass alle die sich bisher nicht entschieden haben, sich zu impfen, dies auf Grund faschistoider oder esoterischer Beeinflussung getan haben. Die Impfkampagne der Bundesregierung hat wenig dazu beigetragen auch verständlichere Bedenken zu beseitigen. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass auch die immer heftigeren Einschränkungen für Ungeimpfte durch 3 und 2G Regeln, vor allem bei zwischenzeitlicher Schließung der Impfzentren, kaum Menschen von einer Impfung überzeugt hat.
Gleichzeitig zwingen diese Regeln auch Geimpfte und Genese dazu, sich ständig auszuweisen, ein heftiger Eingriff in den Datenschutz.
Die krassen Eingriffe in unsere Freiheitsrechte und den Druck auf Ungeimpfte zu unterstützen kann also nicht die Stellung von uns antikapitalistischen Jugendlichen in der vierten Welle sein. Sollen wir deshalb wie rechte Kräfte das totale Einstellen des Kampfes gegen die Pandemie und damit den Tod von Tausenden unterstützen?
Nein! Dieses Aufwiegen von Menschenleben gegen Grundrechte – das sind die Optionen der
Herrschenden. Auf diese falsche Gegenüberstellung dürfen wir uns nicht einlassen. Sie zeigt uns nur, dass die bürgerliche Politik nicht in der Lage ist, die Pandemie in unserm Interesse zu bekämpfen. Sie steht auf der Seite der Großkonzerne und tut alles, um ihren wirtschaftlichen Erfolg zu sichern. Deswegen ist es auch nicht unsere Aufgabe, uns zu überlegen, welche Maßnahmen wir treffen würden, wenn wir an der Spitze dieses Staates stehen würden und diese dann zu unterstützen.
Vielmehr ist es jetzt unsere Aufgabe, an der Seite der anderen Jugendlichen und dem Rest unserer Klasse, der Arbeiter:innenklasse, zu stehen. Wir müssen in Erfahrungen bringen, was die konkreten Probleme sind, unter denen sie aufgrund von Pandemie und Kapitalismus leiden. Für die Linderung dieser Probleme sind dann konkrete Kämpfe von unten zu führen. Dabei ist darauf zu achten, dass Kämpfe zu einem Kampf gegen den Kapitalismus vereinigt werden können. Denn eines steht fest: Würden wir in einem System leben, in dem wirklich der Mensch und nicht Profit im Mittelpunkt stehen würde, wäre die Pandemie schon längst vorbei.